Dr. Philipp Neuhaus betont zunächst, dass er nicht oppositions-typisch pauschal den Haushalt und die Politik im Kreis kritisieren möchte und verweist auf Themen und Projekte des MTK, die von den Sozialdemokraten ausdrücklich begrüßt und für gut befunden werden, wie beispielsweise die Investitionen in den Schulbau und das Kreishallenbad; auch das Corona-Management des Main-Taunus-Kreises lobt er nachdrücklich. Durch die ziemlich genau vor drei Jahren aufkommende Pandemie sei der Main-Taunus-Kreis vergleichsweise gut gekommen. Er drückt dafür seinen Dank an den hauptamtlichen Kreisausschuss und insbesondere die vielen, weit über 1000 Beschäftigten des Kreises, aus, was durch großen Applaus aus dem Plenum bekräftigt wird.
Dr. Philipp Neuhaus führt anschließend anhand von drei Themenfeldern schwerpunktmäßig aus, weshalb die Sozialdemokraten trotzdem Kritik am vorgelegten Haushalt üben und diesem aus konkreten politisch-inhaltlichen Gründen nicht zustimmen werden.
„Die SPD war die einzige Fraktion, die auch in diesen Haushaltsberatungen gesagt hat, die dritte hauptamtliche Kreisbeigeordnetenstelle kann mit einen kw-Vermerk versehen werden, denn er ist und bleibt aus unserer Sicht überflüssig.“ (künftig wegfallend, dem Antrag entsprechend i.S.v. nach frühestem Ablauf einer regulären Amtsdauer einer der drei Dezernent:innen, nicht durch Abwahl)
Er betont ausdrücklich, dass sich dies gegen die mit B4-besoldete Stelle richtet, nicht gegen konkrete Personen. Jedoch habe die bisherige Amtszeit keinerlei Nachweis erbracht, dass die Arbeit des zusätzlichen Dezernenten nicht von den anderen drei hauptamtlichen Mitgliederns des Kreisausschusses geleistet werden könnte.
„Diesen dritten hauptamtlichen Kreisbeigeordnetenposten gibt es in einer solchen Konstellation nur im Main-Taunus-Kreis. Erst haben sich die Grünen den Posten in der letzten Wahlperiode ausbedungen und es hieß immer, dieser solle nur bis zur Kommunalwahl bestehen. Doch nach 2021 kam die CDU auf die Idee, diesen Posten für sich zu reklamieren und die zuvorigen Versprechen erwiesen sich als wertlos.“
Dr. Philipp Neuhaus stellt die Konstellation im Main-Taunus-Kreis vergleichbaren Nachbarkreisen gegenüber. Einen dritten hauptamtlichen Kreisbeigeordneten hält hier niemand für erforderlich. Es zeige sich eindeutig, dass die Stelle einzig dem Parteiproporz und nicht der sachlichen Notwendigkeit geschuldet sei.
Vergleiche man die B4-Stelle, mit einem Bruttolohn von rund 120.000 Euro pro Jahr, mit anderen kommunalpolitischen Ämtern, zeige sich, dass nur Bürgermeister:innen im Kreis mit Verantwortung für gesamte Städte wie Hattersheim oder Kelkheim und bis zu 30.000 Einwohner, ebenso besoldet würden, ganz zu schweigen von Bürgermeister:innen in kleineren Städten den Gemeinden mit niedrigeren Besoldungsstufen. Selbst der Vizepräsident des Hessischen Landeskriminalamtes, quasi der zweithöchste Polizist in Hessen, werde nur mit B3 besoldet.
„Nur bei uns im flächenmäßig kleinsten Landkreis gönnt sich die Koalition einen dritten hauptamtlichen Kreibeigeordneten und verschafft ihm eine Besoldung, die höher ist als die eines obersten Polizisten für ganz Hessen. Das ist schlicht und ergreifend unsäglich.“
Weiter vertrete die SPD die Position, die Kreisumlage könne deutlich gesenkt werden. Wenn der Landrat sage, er sei ein Stück weit stolz darauf, dass die Hebesätze der Kreis- und Schulumlage in den letzten Jahren ein Stück weit gesenkt werden konnten, müsse dies unbedingt hinterfragt werden. Denn die tatsächlichen Einnahmen des Kreises von den Städten und Gemeinden wüchsen Jahr um Jahr.
„Als Landrat Michael Cyriax das Landratsamt 2011 von Berthold Gall übernahm, zahlten die Städte und Gemeinden 182 Millionen pro Jahr an den Kreis. Und auch damals lief der Kreis keineswegs mit halber Kraft. Mit dem aktuellen Haushaltsentwurf sollen die Einnahmen nun 313 Millionen Euro betragen. Das sind rund 130 Millionen Euro mehr als vor 12 Jahren, ohne dass in gleichem Maße mehr Leistungen des Kreises zu verzeichnen sind. Dies ist kein Grund für den Kreis, stolz zu sein, sondern eindeutig eine Politik zu Lasten der Städte und Gemeinden.“
Auch am Beispiel der Schulen zeige sich, dass nicht alles optimal laufe: Nehme man die neue Grundschule in Hattersheim, die an sich schon 2022 hätte fertig sein sollen, gebe es Kostensteigerungen: Von ursprünglich geplanten 15 Millionen Euro stiegen die Kosten auf nun 36 Millionen Euro: „Dies ist wahrlich kein Ausweis einer sonderlich soliden Haushaltspolitik!“
Ein wichtiger Punkt sei für die Sozialdemokraten seit Jahren mehr bezahlbarer Wohnraum. Auch die Umfragen zur Bürgermeisterwahl in Frankfurt zeigten, dass dieses Thema in der Region für viele Menschen allerhöchste Priorität habe.
Schaue man jetzt auf den neuen Wohnungsbaukoordinator, werde der nicht wie der bisherige mit A16 besoldet, sondern nur noch mit E11 entlohnt und solle laut dem Landrat auch noch für die Wirtschaftsförderung tätig sein.
„In diesem Haushalt mit einem Volumen von über 500 Millionen Euro ist nicht ein einziger Cent dafür vorgesehen, auch nur einen Quadratmeter neuen bezahlbaren Wohnraums zu schaffen. Das ist eine einzige große Ignoranz gegenüber den drängenden Problemen der Menschen im Landkreis! Hier wollen wir eine Alternative aufzeigen.“
Ein weiterer Punkt sei das Verhalten zu Hilfsmaßnahmen für Geflüchtete. Für die SPD stehe es außer Frage, die Ausgaben zur Unterstützung von Geflüchteten vollständig mitzutragen.
„Den Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Tod flüchten, möchten wir fraglos gute Unterkünfte und Hilfe bieten. Dies unterstützen wir ausdrücklich. Was uns stört, ist die politische Begleitung und Kommentierung der Maßnahmen insbesondere durch den Landrat.“ erklärt Dr. Philipp Neuhaus mit Hinweis auf eine Pressemitteilung des Kreises zu einem Brand in einer Eddersheimer Geflüchtetenunterkunft. Die vorverurteilende und Stimmung machende Wortwahl trage dazu bei, das gesellschaftliche Klima weiter zu verschärfen und politische Extreme besonders im rechten Lager zu stärken. Dies habe sich erkennbar anhand der überschäumenden Reaktion darauf auf der Facebook-Seite des MTK gezeigt. Dortige menschenverachtenden Kommentare stünden weiterhin lesbar im Netz (Dr. Neuhaus führt einige Beispiele aus).
„Wir stellen gemeinsam einen Antrag für eine Fachberatung für queere Menschen. Wir hissen immer im Mai zum IDAHOBIT die Regenbogenfahne. Wir stellen als Kreis Millionen für die Unterbringung von Geflüchteten bereit. Immer wieder setzen wir uns gemeinsam im kreis klar gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit ein. Um so trauriger ist es, dass trotzdem unwidersprochen auf der offiziellen Facebook-Seite des MTK derartige menschenfeindliche Statements stehen bleiben!“ Zwischen faktischem Handeln und politischer Kommentierung durch die Kreisspitze klaffe ein großer und schädlicher Spalt.
Er schließt mit dem Resümee: „Wir lehnen als SPD nicht alles ab, was der Main-Taunus-Kreis macht. Aber die politischen Unterschiede von uns Sozialdemokraten gegenüber der Kreisspitze und den Mehrheitsfraktionen wird besonders deutlich an der Schaffung der dritten hauptamtlichen Kreisbeigeordnetenstelle, bei der fehlenden Aktivität für bezahlbaren Wohnraum und an der Art und Weise, wie politisch über Geflüchteten-Themen gesprochen wird. Diese Unterschiede führen dazu, dass wir den Haushalt ablehnen.“
Die Rede wurde frei gehalten. Hier paraphrasiert, mit freigegebenen wörtlichen Zitaten. Es gilt das gesprochene Wort!